Haben wir alle zusammen das Falsche gedacht? Haben sich zu viele Leute eine Pandemie herbei manifestiert? Oder ist das, was jetzt gerade passiert, die Bestrafung des Universums für Gier, Machtstreben und die unfaire Verteilung von Gütern und Gutem auf dieser Welt?

Kann etwas, das unsichtbar ist, so viel bewirken? Hat das Universum so eine Macht?
Ich glaube, jeder hat schon einmal an jemanden gedacht und kurz darauf von ihm oder ihr gehört oder gelesen.
Und in einem anderen Artikel hatte ich geschrieben, man solle aufpassen, was man sich wünsche. Denn es könne wahr werden. Jetzt ist es da, zumindest zum Teil.

Die Umweltaktivisten wünschten sich einen Industrie- Stop für eine saubere Umwelt. Check.
Viele Autisten, auch ich, wünschten sich, die neurotypischen Menschen würden mal erleben, wie es sich anfühlt, wenig Sozialkontakte zu haben. Check. (Ich würde diesen Wunsch sofort zurücknehmen, aber das Universum mag nicht mehr zuhören.)
Was sich die Pharmaindustrie so wünscht, ist auch klar. Check.

Aber was passiert da, was ist das? Die Strafe oder die Erfüllung des heiligen Unbekannten, Gedankenübertragung, Zufall oder vielleicht tatsächlich das Resonanzgesetz (The Law of Attraction)?

Auf der Suche nach Antworten habe ich den gestrigen Tag damit verbracht, mich näher mit diesem Law of Attraction zu beschäftigen. Seit der Verfilmung des gleichnamigen Buches „The Secret“ ist das, was man früher einfach Zufall nannte, scheinbar zu einem allgemeingültigen Gesetz geworden. Verfasser dieses Buches sind die beiden Esoteriker Esther und Jerry Hicks. Sie behaupten, ihr Wissen sei Esther durch ein Medium vermittelt worden, durch ein nicht körperliches Wesen namens Abraham. Sie erklären die Kraft der Gedanken zu einer „Wissenschaft des bewussten Erschaffens.“ Was ich denke, das ist.

Tatsächlich ist diese These nicht neu. William W. Atkinson, ein Okkultist, Anwalt und Schriftsteller, schrieb 1900 u.a. über die Kraft der Gedanken („Thought-Force in Business and Everyday Life“). Ich habe das Buch nicht gelesen, aber man hatte wohl schon damals ein Bewusstsein dafür, welche Wirkung die Vorstellungskraft haben kann.

Kurz gesagt geht das Resonanzgesetz, das Gesetz der Anziehung, von Folgendem aus:

Gedanken erzeugen Schwingungen, die ins Universum geschickt werden. Diese Schwingungen wirken immer, bewusst und unbewusst. Die Vertreter dieser Theorie sagen, wer die Regeln der Anziehung kenne, könne sich so alles und jeden „manifestieren“, sich also ins Leben holen, was und wen er wolle.

Du willst den Ex zurück? Die Freundin soll Dir morgen eine E-Mail schreiben? Du brauchst einen Lottogewinn? Oder ein Virus? Manifestiere es und Du bekommst es.

Wie das geht, dafür gibt´s sogar eine Anleitung:

Man müsse sich in eine meditative Sitzhaltung begeben, die Beine erden, die Hände öffnen und die Gedanken klären. Dann solle man sich mithilfe aller Sinne vorstellen, dass das, was man sich wünsche, bereits Realität sei. Am besten füge man noch ein paar Emotionen hinzu, denn Emotion sei Energie in Bewegung, die würde die Lieferung des Universums beschleunigen.
Die beste Zeit für diese Übungen sei nachts zwischen 3 und 5 Uhr, denn dann sei das Universum nicht so mit Anfragen überfüllt.
Anschließend müsse man sich wieder in seiner eigenen Welt verorten, den Wunsch loslassen, abwarten, vertrauen und auf die richtigen Zeichen warten. Und man solle dankbar sein, so, als hätte sich der Wunsch bereits erfüllt.
Manifestation würde immer stattfinden. Es sei alles schon da und warte auf Abruf. Das Prinzip würde aber nur wirken, wenn man absolut an dieses Gesetz glaube.
Man solle sich am besten vor dem Anruf beim Universum durch Meditation Zugang verschaffen zu seinen höheren geistigen Ebenen, also dahin, wo das Unbewusste und Unterbewusste sitze. Denn sonst könnten nicht bewusste, destruktive Glaubensmustern der Bestellung entgegenwirken. Diese negativen Schwingungen müsse man auflösen, damit man sich nicht etwas ins Leben hole, das man nicht wolle. Holy Crap, wenn Corona durch positive Schwingungen entstanden ist, was genau sind dann negative Vibes?
Es sei außerdem unerlässlich, bestimmte Worte aus seinem Wortschatz zu verbannen. Dazu gehören Begriffe, wie Hoffen, Wollen und Aber. Diese Ausdrücke würden negativ wirken und dem Universum implizieren, dass man zweifle.
Das Gesetz der Anziehung sei universell, also allgemeingültig, und folge der Logik der Quantenphysik.

So. Ist da jetzt etwas dran und wenn ja was?

Egal wie man es nennt, jeder erlebt immer wieder selbst, dass die eigenen Gedanken eine Menge Einfluss haben auf das Empfinden und das Verhalten. Wir wissen längst und spüren ständig, dass unser Denken auf uns und andere wirkt. Deshalb sollte man durchaus auf sein Denken achten.

Wenn ich negativ über mich denke, verhalte ich mich so, dass mir mein Selbstbild immer wieder bestätigt wird. Und denke ich schlecht über andere, können sie das spüren.
Ein positives Bild von mir selbst und meiner Umwelt dagegen, bringt Selbstvertrauen. Dadurch habe ich in der Regel positivere Erlebnisse und Begegnungen. Und positive Erfahrungen machen angenehme Emotionen.
Wenn ich freundlich zu anderen bin, sind sie meist freundlich zu mir.
Der Placeboeffekt wirkt durch den Glauben an das Mögliche.
Biofeedback macht deutlich, dass das, was wir denken, auf den Körper wirkt und sogar Computer können heutzutage gedanklich gesteuert werden und so z.B. gelähmten Menschen helfen.

Gedanken wirken also durchaus.

Sich dessen bewusst zu sein, gibt uns die Chance, uns so auszurichten, dass wir mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen möglichst gut zurechtkommen und einen Mehrwert an Lebensqualität erlangen. Es hilft uns, unsere Persönlichkeiten zu bilden und zu lernen.

Aber: „Law of Attraction“??

Ja, wir Menschen sind spirituelle Wesen, aber wir haben auch einen physischen Körper und leben auf dieser Erde. Die Evolutionsbiologie, die Psychologie und andere Wissenschaften haben meiner Meinung nach glaubwürdigere Ansätze für Verhalten und für die Wirkung der Menschen aufeinander, als das Gesetz des Anziehung. Die Einflüsse von Neurotransmittern und anderen Botenstoffen ist schon sehr gut erforscht, und wie man Technik mit Hirnströmen verbinden kann, ist mehr durch die elektrischen Impulse unserer Gehirne zu erklären als durch Botschaften ans- und vom Universum.

Ich gestehe gerne zu, dass es Wirkungen gibt, die wir Menschen nicht erfassen können. Die Grundaussage des Resonanzgesetzes, „Gleiches zieht Gleiches an“ oder „Wunsch kann Wirklichkeit werden“ ist nicht von der Hand zu weisen.

Nur, „WISSENSCHAFT des bewussten Erschaffens“, das geht mir zu weit.

Wäre es wahr, dass wir uns lediglich real vorstellen müssten, was wir wollen und das Universum liefere unsere Wünsche so, wie Amazon unsere Bestellungen, gebe es keine Armut, keine Hungersnöte, keine Kriege, keine Arbeitslosigkeit und alle würden sich lieben.

Oder?

Nein. Auch nicht. Denn es gibt ja bei Weitem nicht nur wohlgesonnene Menschen mit guten Wünschen. Wonach richtet sich das Universum? Was ist, wenn die, die anderen die Pest an den Hals wünschen, das Gesetz anwenden? Was, wenn jemand beim Universum bestellt, dass ein anderer Mensch sterben sollte, oder gar mehrere. Was ist, wenn genau das gerade passiert ist. Wenn sich jemand schnell mal eben etwas bestellt hat, dass jetzt Covid 19 heißt?

Und was, wenn ich, woran auch immer, krank werde, weil ich aus versehen gehofft habe, gesund zu bleiben? Was, wenn ich Autistin bin, weil meine Eltern beim Universum nicht punkten konnten? Und sind Essstörungen eine Strafe des Alls? Oder Krebs?

Ist man an all dem nicht so Positiven in seinem Leben dann selbst schuld!?

Krankheiten und Behinderungen haben Gründe, die wir oft kennen, aber eben nicht immer. Und ja, man kann mit Gedanken, mit Affirmationen und Aktionen bis zu einem gewissen Grad beeinflussen, ob man besser oder schlechter damit zurechtkommt. Vielleicht sogar tatsächlich bis dahin, dass uns die Kraft der positiven Gedanken von Erkrankungen heilen kann.

Aber die Korrelation „Du bist selbst schuld, wenn es Dir schlecht geht, weil Du die Regeln der Resonanz nicht einhältst“, finde ich persönlich vermessen und schädlich. Ganz zu schweigen davon, dass man bestimmte Worte nicht mal mehr denken darf.

Oder ist es ein lebenswertes Leben für Euch, wenn Ihr ständig darauf achten müsst, welche Begriffe ihr benutzt? Oder was Ihr denkt? Weil ein „falsches“ Wort, ein „verkehrter“ Gedanke schlimm enden könnte?
Haltet Ihr es für lebensbejahend, für Selbstachtung und für Selbstliebe, immer auf dem „selber schuld“ Trip zu sein, wenn etwas passiert, wenn etwas nicht so läuft, wie es soll? Wollt Ihr mit einem dauerschlechten Gewissen durch Euer Leben laufen?

When emotions are high, intelligence is low. Wenn die Emotionen hoch sind, leidet die Intelligenz.
Das mag sich jetzt gemein lesen, es ist aber vor allem gut zu wissen. 

Es ist jedem selbst überlassen, woran er sich orientiert. Ja, Gedanken und Emotionen beeinflussen, wie wir uns fühlen und wie sich andere mit uns fühlen. Vielleicht ist vieles kein Zufall.
Freut Euch, wenn Euch Gutes passiert und akzeptiert, dass das Leben auch Schattenseiten hat. Nehmt aktiv Einfluss auf das, was Ihr beeinflussen könnt und lasst los, was nicht.
Seid dankbar für Eure Autonomie und Eure Selbst- Wirksamkeit. Gebt sie nicht ab, da, wo Ihr darauf zurückgreifen könnt. Auch nicht ans Universum.

Ein „Law of Attraction“, ein Gesetz, das von Selbstverantwortung befreit, weil das Universum alles regelt, das Manipulation fördert, weil es nur nach unserem Wünschen und Wollen gehen soll und das uns anklagt, wenn wir es wagen, zu hoffen, das wird es hoffentlich nie geben.