Die (autistische) Antwort auf Stress

Overload, Meltdown und Shutdown sind Begriffe, die auch außerhalb des Autismus Spektrums gebräuchlich sind, vor allem im englischsprachigen Raum. Doch neurotypische Menschen erleben diese Zustände anders und unter anderen Bedingungen als Autisten.

Weil ich nun schon mehrmals gefragt wurde, wie man diese Begriffe erklären kann, gebe ich Euch mal auf die Schnelle eine Definition, ohne in Details zu gehen. Wer mehr und näheres wissen möchte, bitte kommentieren, dann schreibe ich nach Weihnachten noch einen längeren Artikel darüber.

Also:

Reize oder emotionale Eindrücke, die nicht autistische Menschen kaum spüren oder nicht als störend empfinden, können bei Autisten einen immensen Spannungszustand auslösen. Den nennt man Overload. Das ist eine Vorstufe der Stressreaktion Fight, Flight, Freeze. Kann man den Auslöser eines Overloads nicht schnell genug entschärfen, z.B. indem Autist aus der belastenden Situation geht, entlädt er sich entweder in einem Meltdown oder in einem Shutdown.

Ein Meltdown sieht von außen betrachtet aus, wie ein Wutanfall. Manche verhalten sich dabei auch autoagressiv.

Doch der Unterschied zw. Meltdown und Wutanfall ist: man kann einen Wutanfall stoppen, und Wut richtet sich gegen jemanden. Ein Meltdown (Fight Reaktion) geht nicht gezielt gegen einen anderen Menschen, sondern ist ein Ventil, um eine Spannung loszuwerden, die körperlich und psychisch ziemlichen Schaden anrichten würde, wenn sie sich nicht entladen könnte. Wenn´s mal los geht, können Autisten nichts mehr dagegen tun. Ein Meltdown läuft quasi durch, bis keine Energie mehr da ist. Andere sollten nicht versuchen, diesen Anfall zu unterbrechen, denn das macht ihn schlimmer. Für die Umgebung gilt dann: „In Deckung gehen“, aber den Betroffenen nicht allein lassen 

Ein Shutdown ist das Gegenteil eines Meltdown: Freeze, man friert ein.

Symptome des Shutdown können vom Verlust der Bewegungsfähigkeit bis hin zu selektivem Mutismus (vorübergehender Verlust der Sprache) alles sein. Schlimmstenfalls kann man sich im Shutdown nicht mehr selbst helfen. Dauert er sehr lange und geht mit Katatonie (Bewegungsstarre) einher, kann das körperliche gefährlich werden, allein deshalb, weil trinken nicht mehr möglich ist.

Manche erleben nie einen Meltdown und gehen vom ungebremsten Overload gleich in den Shutdown, manche haben nur einen Meltdown, andere beides nacheinander.

Doch alle Autisten können einen Overload sicher identifizieren und kennen mind. eine Variante der beiden anderen Zustände.

Grund für diese Reaktionen sind die Besonderheiten der autistischen Wahrnehmung und Verarbeitung, insbesondere die Reizintegrationsstörung. Dieses Problem versetzt Autisten in einen permanenten Stresszustand, denn Reize sind überall. Unsere Welt ist laut und grell.

Autisten haben keine Filter, oft auch nicht für Emotionen anderer, die sich dann zu den eigenen gesellen und einen ziemlichen inneren Durcheinander anrichten können. Kleinigkeiten reichen aus, um das autistische Nervensystem zu überfordern, komplett außer Gefecht zu setzen und Overloads, Meltdowns und Shutdowns auszulösen.

Summa Summarum: Vermeidet man einen Overload, bleiben auch Meltdown und Shutdown aus.