Das ist ein Thema, an dem sich Autisten regelrecht aufhängen können. Diskussionen darüber sind oft endlos. Doch eigentlich ist dieser Unterschied schnell erklärt.

Hochfunktional beschreibt, dass ein Mensch trotz Beeinträchtigungen seinen Alltag so hinbekommt, dass seine Behinderung oder Erkrankung unsichtbar bleibt. Ob er das gut oder schlecht schafft, darüber lässt sich dieser Begriff nicht aus. Ein hochfunktionaler Mensch kommt scheinbar klar. That´s it.

Intelligenz ist schon etwas schwieriger zu erklären. Es gibt nämlich keine eindeutige Definition, was das sein soll.
„Intellegere“ heißt auf Deutsch verstehen. Je schneller jemand komplexe Zusammenhänge versteht, komplizierte Probleme lösen und sein Wissen dann auch noch auf andere Themen übertragen kann, umso intelligenter könnte er sein.
Messen tut man den geistigen Speed mit Intelligenztests- und davon gibt es inzwischen viele, mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Es gibt sie für Kinder und für Erwachsene und sogar für nachweislich Hochintelligente, die den Cutt Off überschreiten und wissen wollen, wo die ultimative Leistungsgrenze ihres Gehirns liegt. Der höchste, jemals gemessene Wert liegt bei 230 (Mann), die intelligenteste Frau hat einen IQ von 228.
Einstein ist wohl einer der bekanntesten Überflieger.

Er stellte fest: „Alles ist relativ“, und so verhält es sich auch mit unserer Intelligenz.

Es gibt zum Beispiel Kulturen, da gilt schnelles Denken als unklug. Nicht ganz zu Unrecht, würde ich sagen. Und wer beim IQ Test schlecht abschneidet, der hat vielleicht nur ein Problem mit Prüfungssituationen und nicht mit seiner Cleverness. Oder er hat einfach einen beschissenen Tag. Es heißt auch immer, man könne diese Aufgaben nicht üben. Ich würde es anders formulieren: Wer weiß, wie man für einen IQ Test lernt und das Gelernte dann auf Zack abrufen kann, der kann sich den Test sparen.

Auch mit Mathe hat eine hohe Intelligenz nicht viel zu tun. Klar, es gibt Leute, die haben extreme mathematische Begabungen. Doch nur weil der IQ überdurchschnittlich ist, muss man noch lange nicht besser rechnen können. Ich kann gar nicht zählen, wie oft Leute mit irgendwelchen Rechnungen zu mir kamen und meinten, ich müsse das doch können. Nope. Ich finde Logikfehler, egal ob jemand sich mit mir unterhält, ob ich etwas lese oder ob ich ein Zahlenwerk vor mir habe. Aber rechnen: Niemals ohne meinen Taschenrechner und auf gar keinen Fall Textaufgaben. Und über Kurven diskutiere ich schon mal gar nicht.

Und bei der Alltagskompetenz, da schneiden die Hochintelligenten sogar häufig schlechter ab als der Durchschnitt. Ein Hirn, das auf Wissen ausgerichtet ist und ständig an irgendwelchen Lösungsstrategien rum denkt, interessiert sich nicht allzu sehr dafür, wie man ein Fahrrad aufpumpt, ob die Frisur sitzt, wo die nächste Party steigt oder wo man am besten die Socken verstaut. Eine meiner Freundinnen hatte immer verschiedene Socken an. Danach gefragt meinte sie: „Socken sortieren ist Zeitverschwendung.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Irgendwie ist Hochintelligenz ja auch immer partieller Schwachsinn, denn das Profil dieser Menschen ist häufig recht ungleich. Man kann fast sagen, je höher die Intelligenz umso eher trifft das zu.

Und damit sind wir auch schon beim Autismus. Auch das autistische Gehirn richtet sich mehr an Logik und Wissen aus als an dem, was man so beim „Smalltalk“ bequatscht. Und auch wir können bestimmte Dinge besonders gut und andere dafür gar nicht; in einem meist ziemlich unausgewogenen Verhältnis. Viele Autisten sind hochfunktional und hochintelligent zugleich. Andere dagegen sind hochfunktional und normal oder sogar geringer intelligent. Es gibt auch Autisten, die sind eher niederfunktional und haben trotzdem überdurchschnittliche Begabungen in bestimmten Bereichen. Halt wie im echten Leben. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Hochintelligente Menschen dagegen haben nicht selten autistische Eigenschaften, der eine oder andere vielleicht sogar einen nicht erkannten Autismus. Aber nur weil jemand einen IQ hat, der nach oben abweicht, ist er nicht automatisch autistisch.

Welche Anzeichen veranlassen Psychologen u.a., einen IQ Test zu empfehlen?

Ein überdurchschnittlich großer Wortschatz, schon im Kindesalter

Besondere Ausdrucksweise (Kinder und Erwachsene)

Kinder fühlen sich mehr zu Erwachsenen hingezogen als zu ihren Altersgenossen

Ein außerordentliches Lernvermögen (Wobei lernen nicht verstehen ist. Hochintelligente Kinder lernen schnell und viel, verstehen aber nicht immer alles)

Hohe Lernbereitschaft

Schnell denken, schnell reden

Auffallend ausgeprägter Gerechtigkeitssinn

Wenig Respekt vor Autoritäten. Wissen und Können zählt, nicht der Status

Langeweile ist fast eine Grundemotion

Besondere Interessen an einzelnen Themengebieten

Hohe Sensibilität, auch gegenüber Reizen wie Lärm u.a.

Querdenken bevorzugt

Hoher Anspruch an sich selbst

Permanentes (negatives) Gefühl, sich von anderen zu unterscheiden

 

Naaa, Autisten, fällt Euch etwas auf?

Ich habe hier nicht Autismus beschrieben, sondern Zeichen für Hochintelligenz. Sollten Fachleute bei diesen Anzeichen nicht auch gleichermaßen ein Autismus Assessment verordnen?

Das Gefühl, nicht dazuzugehören und falsch gestellte Lebensweichen sind zwei Themen, die beide Gruppen verbindet. Ein unerkannter, hoher IQ und ein deshalb verkehrt gewählter Lebensweg kann genauso viel Schaden anrichten, wie ein spätdiagnostizierter, weil hochfunktionaler Autismus, der vielleicht sogar noch lange durch ein Superhirn ausgeglichen werden kann. Hochintelligenz bleibt vor allem dann verborgen, wenn Kinder eher zu den sog. „Underarchievern“ gehören. Wenn sie ihre Leistung nicht abrufen können, weil sie sich so langweilen, dass sie abschweifen, träumen, Blödsinn machen o.v.m. Oder weil die Art der Wissensvermittlung ihnen nicht entspricht. Auch diese Kinder bekommen oft schon früh falsche Diagnosen und müssen sich im Erwachsenenleben damit auseinandersetzen, was aus ihnen hätte werden können, wenn sie viel eher gewusst hätten, was ihr Anderssein ausmacht.

Eine Autismusdiagnostik zusätzlich zum IQ Test könnte zumindest bei den Kinder nicht schaden, die durch oben genannte Attribute auffallen. Das würde ihnen die „was bin ich“ Frage so frühzeitig beantworten, dass sie hoffentlich das Leben führen können, das ihren Potenzialen entspricht.